IQ Projekt SOUVERÄN – Fachtag „Migrantische Organisationen – Souveräne Strategien für die nachhaltige Teilhabe am Arbeitsmarkt“ im Kieler Rathaus

Mitte November 2019 fand der Fachtag „Migrantische Organisationen – Souveräne Strategien für die nachhaltige Teilhabe am Arbeitsmarkt“ des in diesem Jahr gestarteten IQ Projekts „SOUVERÄN – migrantische Selbstorganisation zur beruflichen Integration“ im Ratssaal des Kieler Rathauses statt. Mit bewegenden Grußworten eröffneten der Kieler Stadtrat Christian Zierau und der Landesbeauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen des Landes Schleswig-Holstein, Stefan Schmidt, die Veranstaltung. Beide Redner betonten, es sei eine Voraussetzung für nachhaltige Integration, dass die Stadt Kiel und alle anderen Kommunen sich mit ihren Bürgerinnen und Bürgern gegen Rassismus und Ausgrenzung stellen und für Offenheit und Toleranz einsetzen.

Martin Link, der Geschäftsführer des Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., setzte mit seinem Vortrag über die politische Situation und Entwicklung des Arbeitsmarktes für Menschen mit Migrationshintergrund genau dort an. In seinem Beitrag thematisierte er die Wichtigkeit migrantischer Selbstorganisationen vor dem Hintergrund der erstarkenden xenophoben und rassistischen Stimmung in der Gesellschaft. Es gebe zwar eine Landesförderung für migrantische Organisationen, die jedoch in erster Linie auf lokale Initiativen zur gesellschaftlichen und sozialen Partizipation abziele. Dabei stehen allerdings die migrantischen Selbstorganisationen mit dem erklärten Ziel, eine robuste Integrationsgrundlage durch nachhaltige Beschäftigungsabsicherung zu erreichen, leider nicht im Fokus.

Im Anschluss stellte Farzaneh Vagdy-Voß das IQ Netzwerk Schleswig-Holstein vor, von dem sie die Koordinatorin ist. Die Teilnehmenden des Fachtags erwartete ein weitreichender Überblick über die Strukturen des Förderprogramms Integration durch Qualifizierung. Sie berichtete unter anderem von den Beratungsangeboten und Qualifizierungsmaßnahmen des Landesnetzwerks Schleswig-Holstein sowie den Angeboten der Interkulturellen Sensibilisierung für Arbeitsmarktakteurinnen und Arbeitsmarktakteure.

Daran anknüpfend bot Aurelie Bile Akono, die ebenso in der Koordination des IQ Landesnetzwerks Schleswig-Holstein tätig ist, einen Einblick in das im März 2019 gestartete Projekt SOUVERÄN – migrantische Selbstorganisation zur beruflichen Integration. SOUVERÄN ist ein IQ Projekt des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein e.V. Menschen mit Migrationshintergrund werden auf dem Weg zur Selbstorganisation und bei der Errichtung von Strukturen und Strategien für eine bessere Teilhabe in der Arbeitswelt beraten und begleitet. Frau Bile Akono berichtete, dass das Empowerment-Projekt unter anderem zu den formalen Abläufen bei Vereinsgründung und Finanzierungsmöglichkeiten berät sowie bei Antragstellungen unterstützt. Die Angebote richten sich an Interessierte aus ganz Schleswig-Holstein, mit dem Fokus auf die ländlichen Regionen und Frauen. Menschen mit Migrationshintergrund werden auf dem Weg der Selbstorganisation und bei der Errichtung von Strukturen und Strategien für eine nachhaltige Teilhabe am Arbeitsmarkt begleitet und empowert.

Nach einer Pause und regem Austausch unter allen Beteiligten folgten im Anschluss zwei spannende Vorträge.

Herr Prof. Dr. Vassilis Tsianos von der Fachhochschule Kiel führte unter anderem die Auswirkungen von strukturellem Rassismus auf migrantische Organisationen an. So schilderte er vom Zerschlagen griechischer Communitys in Süddeutschland durch die irreführenden staatlichen Verfolgungen im Kontext der NSU (Nationalsozialistischer Untergrund)-Straftaten. Darüber hinaus referierte er darüber, dass sich für Integrationsprozesse die Migrant*innen aber auch die schon in Deutschland lebende Bevölkerung öffnen müssen.

Als weitere Referentin konnten wir Maria Oikonomidou gewinnen. Sie ist vom IQ Landesnetzwerk Berlin, des Verbands für interkulturelle Arbeit (VIA) und Projektleiterin des Projekts „Willkommen in Berlin – Empowerment von MO im Kontext der Strukturen kommunaler Willkommenskultur“ sowie Sprecherin der Facharbeitsgruppe von Migrant*innenorganisationen. Frau Oikonomidou bot einen anschaulichen Überblick über die Entwicklung und Ausgestaltung von migrantischen Organisationen und die Wichtigkeit des Empowerments.

Am Ende des Fachtags gab es dann noch eine spannende Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern von migrantischen Organisationen – den Sisters – Frauen für Afrika e.V. und der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein e.V. – sowie Vertreterinnen aus dem IQ Landesnetzwerk Schleswig-Holstein und dem Landesnetzwerk Berlin. Im Austausch mit dem Publikum wurde deutlich, wie wichtig migrantische Selbstorganisationen sind. Unabhängigkeit und Autonomie bieten ideale Bedingungen sich zu empowern und in der Gesellschaft eigene Interessen zu verfolgen und durchzusetzen. Eigene Potenziale werden erkannt und genutzt, Selbstbewusstsein wird aufgebaut, um den gewünschten Weg ins Arbeitsleben zu gehen. Vor allem frauenspezifische migrantische Selbstorganisationen sind von großer Bedeutung, da dort ein Schutzraum entsteht, in dem sich Frauen gegenseitig stärken.

Einen schönen Ausklang fand der Fachtag dann mit einem reichhaltigen und leckeren Catering, bei dem sich noch in angenehmer Atmosphäre ausgetauscht wurde.

Die Veranstaltung vereinte wissenschaftliche Vorträge, Projekt- und Netzwerkvorstellungen sowie einen regen Austausch zu migrantischen Selbstorganisationen und Empowerment.

Es war ein Fachtag, der wieder einmal verdeutlichte, wie wichtig und bedeutsam diese Themen für die nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt sowie für die Gesamtgesellschaft sind.