Die Zahl der registrierten Staatenlosen, also Menschen, die aus verschiedenen Gründen keine Staatsangehörigkeit (mehr) besitzen, beläuft sich weltweit auf über 4 Millionen Menschen (Stand 2019). Diese fehlende Zugehörigkeit stellt nicht nur ein Problem auf dem Papier dar, sondern beeinflusst viele Aspekte des täglichen Lebens für die Betroffenen.

25 Artikel informieren mit anschaulichen Statistiken und Schaubildern im neuen „Atlas der Staatenlosen – Daten und Fakten über Ausgrenzung und Vertreibung“ über die aktuelle Situation und Diversität dieser großen Personengruppe. Auch versuchen die Autor*innen dabei, Lösungsmöglichkeiten für die sehr verschiedenen Problemlagen aufzuzeigen.

Jeder Artikel beleuchtet das Thema Staatenlosigkeit mit Bezug auf verschiedene Weltregionen, Lebensweisen und Bevölkerungsgruppen. Dabei wird deutlich, dass die Ursachen dafür sehr verschieden sein können und die Auswirkungen von Staatenlosigkeit weite Kreise ziehen: von Unsichtbarkeit im öffentlichen Leben, schlechtem Zugang zu Gesundheitsversorgung, politischer und sozialer Diskriminierung über „Vererbung“ der Staatenlosigkeit an Kinder bis hin zu fehlender Teilhabe.

Mit dem Thema fehlende Menschenrechte und fehlende Teilhabe beschäftigt sich auch der erste Artikel im Atlas: „Rechte für die „Weltlosen““. Angelehnt an die Forderung von Hannah Arendt[1] nach dem „Recht, Rechte zu haben“, stellt der Artikel dar, dass grundlegende Rechte eng mit einer Staatsbürgerschaft verbunden sind. Die Menschenrechte sind für Staatenlose ausgesetzt, kritisierte schon Arendt. Diese Rechte bilden aber die Grundlage für Teilhabe und damit auch für Demokratie und Mitbestimmung in politischen und gesellschaftlichen Prozessen.

Der Artikel formuliert einen Aufruf an die Politik und an gesellschaftliche Bewegungen, mehr zu tun, als sich „nur“ solidarisch mit den Betroffenen zu zeigen. Es braucht aktives Reflektieren von Machtgefügen und Privilegien und die Bereitschaft, zum Wohl der anderen auf Teile davon zu verzichten. Nur so, heißt es im Artikel, können die Menschenrechte für alle, unabhängig von Staatsangehörigkeiten neu mit Leben gefüllt und Selbstermächtigung im gesellschaftlichen Leben möglich gemacht werden.

Der „Atlas der Staatenlosen“ mit diesem und vielen anderen interessanten Artikeln und Informationen zum Thema Staatenlosigkeit kann unter diesem Link bei der Rosa Luxemburg Stiftung kostenlos bestellt oder als PDF heruntergeladen werden.

 

[1] Hannah Arendt (1906-1975) war jüdische Publizistin, Philosophin und politische Theoretikerin, die während des Nationalsozialismus im Exil in Frankreich und später in den USA lebte. Sie wurde durch die Nationalsozialisten ausgebürgert und war 14 Jahre staatenlos, bis sie die US-amerikanische Staatsbürgerschaft bekam.